Bochum: Flöten erklingen im Südpark – wer dahinter steckt

Aktualisiert: 18.09.2023, 18:00 | Lesedauer: 4 Minuten

Isabelle Lux (Querflöte) und Matthias Eisenberg (Okarina in Blau am Hals hängend) musizieren gerne draußen.  

Isabelle Lux (Querflöte) und Matthias Eisenberg (Okarina in Blau am Hals hängend) musizieren gerne draußen.  

Foto: Dirk A. Friedrich / FUNKE Foto Services

Bochum-Wattenscheid  Wattenscheider Paar musiziert in Bochumer Natur – sie berichten, was den Reiz ausmacht und wie Spaziergänger auf ihre Musik reagieren.

Kein Vogel singt diese Melodien, so viel ist klar. Flötenklänge erreichen das Ohr des Spaziergängers auf dem Weg unterhalb des Dammwildgeheges im Wattenscheider Südpark. Aber wo sind die Musikanten?
In der Kurve, an der Schutzhütte für das Wild sitzen Isabelle Lux und Matthias Eisenberg auf einer Bank. Sie spielt Querflöte, er ein kleines Keramik-Instrument, die Okarina.

Gemeinsam stimmt das Paar freundliche Melodien an und genießt die Atmosphäre des Waldes. “Eine etwas betagtere Dame sagte einmal zu uns, unsere Musik mache den Weg schöner”, berichtet Eisenberg. Seine Lebensgefährtin und er genießen während des gemeinsamen Musizierens den Kontakt zu anderen Menschen. Die Reaktionen der Spaziergänger und Spaziergängerinnen seien meist sehr positiv – Kinder tanzen und pfeifen – im schlechtesten Fall gingen die Leute einfach vorbei, sagen sie. Ganz bewusst suchen sie sich Orte aus mit Durchgangsverkehr, wo sich niemand länger niederlasse, um ihre Musik nicht aufzudrängen.

Bei gutem Wetter spielen die beiden bis in den Herbst hinein fast täglich im Grünen. Ein Feierabend-Ritual, das sie zusammenschweißt: im Südpark, im Hörster Holz oder an einem verwunschenen Ort oberhalb der Ruhr. Je nachdem, wo sie sind, ist die Akustik etwas anders. “Hier im Südpark klingt es sehr weit, im Hörster Holz hallt es eher zurück”, schildert Isabelle Lux.

Im Südpark Wattenscheid spielen die Musikanten regelmäßig – doch das erste musikalische Treffen fand an der Burgruine Hardenstein in Witten statt.

Als sich die beiden vor einigen Jahren kennenlernten, erzählte die promovierte Dolmetscherin ihrem neuen Freund, dass sie Querflöte spielt. Er bat sie um eine Kostprobe. Sie trafen sich an der Burgruine Hardenstein in Witten. Isabelle Lux brachte aus Jux die Okarina mit, eine kleine Keramikflöte. “Es fühlte sich für mich etwas komisch an, mich einfach nur zu präsentieren, darum habe ich gedacht, ich schmeiße Matthias ins kalte Wasser.” Denn der 59-jährige Monteur hatte bis dato keine Erfahrung als Musikant. Lux hingegen musiziert schon von Kindesbeinen an. Zunächst lernte sie Klavier und brachte sich später das Spiel auf der Querflöte mit Hilfe von Freundinnen selbst bei.

Matthias Eisenberg ließ sich darauf ein: Es fing an mit dem Weihnachtslied “Was soll das bedeuten”, dann das Volkslied “Kein schöner Land” bis “Mull of Kintyre” von Paul McCartney. “Ein Mann hat neulich sogar mitgesungen”, berichtet Eisenberg.
Nicht nur Menschen reagieren auf ihre Musik. “Hunde bleiben oft stehen und hören andächtig zu. Einmal hat sich ein Dackel geweigert, weiterzugehen und seine Pfoten richtig in den Boden gedrückt.” Eine Halterin erklärte ihnen dann einmal, dass Hunde ein Gespür für Musik hätten, so Eisenberg weiter.

Das Paar hat ein Repertoire von rund zwölf Liedern, doch schätzt auch die Improvisation. Dazu nutzen sie musikalische Figuren, so genannte Ostinatos. “Frei macht es am meisten Spaß. Dabei geben wir ein Ostinato vor, spielen zusammen, dann mal gegenläufig und fangen uns wieder ein”, schildert Eisenberg. Aktuell spielt er eine 7-Ton-Okarina, die eine Oktave umfasst. “Wir bewegen uns immer in G-Dur”, erläutert Isabelle Lux.

Um Lieder für ihren Freund zu notieren, nutzt sie ein Zahlensystem, das ihm die geschlossenen Löcher anzeigt. “Es ist für mich faszinierend, wie viel Musik in Matthias steckt. Eine musikalische Spätausbildung ist Menschen also auf jeden Fall anzuraten”, schmunzelt die 41-Jährige.

Okarina – kleine Tonflöte hat Jahrtausende lange Geschichte.

In der Regel bestehen Okarinas aus luftgetrocknetem oder gebranntem Ton, der auch glasiert werden kann. Das Musikinstrument soll bereits vor 12 000 Jahren gespielt worden sein. Nutzer sollen sowohl die Azteken, Maya und Inka gewesen sein.

Offiziell soll Giuseppe Donati, ein Keramiker aus Budrio in Italien, um 1860 die erste Gefäßflöte mit 1,5 Oktaven aus Ton hergestellt haben. Diese 10-Loch-Okarina hatte die Form einer Rübe.

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