Mit Pastor Quadt endet ein Kapitel in der Gemeindegeschichte

27.01.2023, 15:45 | Lesedauer: 5 Minuten

Pastor Thomas Quadt war 14 Jahre lang in der Kirche St. Franziskus in Bochum-Riemke tätig.

Pastor Thomas Quadt war 14 Jahre lang in der Kirche St. Franziskus in Bochum-Riemke tätig.

Foto: André Hirtz / FUNKE Foto Services

Riemke.  Pastor Thomas Quadt verabschiedet sich in den Ruhestand. In 14 Jahren hat er in Bochum-Riemke viel erlebt. Erinnerung an einen brutalen Vorfall.

Wenn die katholische Gemeinde in Riemke am Sonntagnachmittag die Heilige Messe mit Pastor Thomas Quadt feiert, wird es seine letzte sein. Der 70-Jährige – er rundete in dieser Woche – verabschiedet sich nach 14 Jahren in den Ruhestand.

Für die Gemeinde und ihre Gruppen und Verbände eine Zäsur; denn Pastor Quadt ist nicht nur äußerst beliebt, wie aus den innigen Abschiedsworten im letzten „Franziskusbrief“ deutlich wird. Seine Stelle wird nicht mehr neu besetzt, sodass ganz neu geplant und konzipiert werden muss, etwa, was Gottesdienste, Beerdigungen, Taufen und Hochzeiten belangt.

Als die Pfarrei Peter und Paul gegründet wurde, gingen sieben bis dahin selbstständige Pfarreien in Hofstede, Grumme, Riemke und im Ehrenfeld darin auf. Mit Pastor und Präses Thomas Quadt gab es zuletzt noch fünf Priester in der Pfarrei; im Laufe dieses Jahres wird sich auch Jürgen Kuhn in St. Meinolphus im Ehrenfeld verabschieden und hinterlässt ebenfalls eine Lücke. Das hat Folgen: So entfallen etwa die Samstagsgottesdienste in der Kirche Heilig Kreuz an der Castroper Straße, die Pastor Quadt mit der kroatischen Gemeinde feierte, die dort beheimatet ist.

Quadt: Menschen wollenGemeinschaft erleben

„Es ist eine große Herausforderung für die Gemeinden. Sie sind immer mehr auf sich selbst gestellt, da die Zahl der Pastöre seit Jahren abnimmt.“ Kaum noch junge Männer wollen Priester werden; „das liegt zum erheblichen Teil am Zölibat, obwohl es keine Bedingung für gute Seelsorge ist. Aber eine Änderung ist ja nicht gewünscht“, so Quadt.

Die Gottesdienstpläne müssen umgeschrieben werden in der ganzen Pfarrei. Alle zwei Wochen feiert noch ein Priester die Messe, ansonsten sind Gemeindemitglieder, Gemeindereferentinnen, Pastoralreferentinnen oder Diakone gefragt.

Das kann auch negative Auswirkungen haben, räumt Quadt ein: „Wenn Gemeindemitglieder mit einem Laien statt mit einem geweihten Priester vorliebnehmen müssen, kann es sein, dass noch mehr Menschen der Kirche den Rücken kehren.“ So müsse die Gemeinde das Gemeinschaftsleben lebendig halten und auch seelsorgerisch neue Wege gehen.

In Riemke sind viele Ehrenamtliche stark engagiert. Doch Corona hat auch deren Zahl schrumpfen lassen. Die Kirche ist für sie alle aber auch eine Klammer: „Die Menschen erhoffen sich Impulse von der Gemeinde und wollen dort Gemeinschaft erleben.“

Bei einem Einbruch mit einem Stein bewusstlos geschlagen

Auch sozial sei die katholische Kirche gefordert, etwa beim Umgang mit Flüchtlingen, der zunehmenden Armut, aber auch mit der zunehmenden Individualisierung der Menschen. Thomas Quadt: „Es gibt kein Patentrezept. Bei Hochzeiten, Taufen und Beerdigungen gehen wir zu den Familien nach Hause. Standard-Predigen wären hier völlig fehl am Platz.“

Die katholische Kirche St. Franziskus in Riemke gehört zur Pfarrei Peter und Paul.  Foto: André Hirtz / FUNKE Foto Services

Das Vertrauen in Riemke in die Kirche und ins Personal sei groß, versichert Quadt. Die Menschen wüssten zu unterscheiden: Der Missbrauchsskandal sei hier nie Thema gewesen. „Wir bekommen keine Vorwürfe.“ Hinzu komme, dass in der Gemeinde seit zehn Jahren Prävention betrieben wird. „Alle Ehrenamtlichen, die in unserer Gemeinde mit Kindern in Berührung kommen, müssen einen Kurs zum Thema sexueller Missbrauch absolvieren. Sie erwerben damit ein amtliches Führungszeugnis.“

Zu seinen einschneidendsten Erlebnissen gehört sicher auch der Überfall im Juli 2019. Quadt wohnte damals im Gemeindehaus hinter der Kirche. „Es war eine Samstagnacht. Der Täter hatte mit einem Stein ein rückwärtiges Fenster eingeschlagen. Als ich die Tür öffnete, um nachzuschauen, schlug er mir mit diesem Stein wohl auf den Kopf.“ Thomas Quadt muss einige Zeit bewusstlos gewesen sein. Als er wieder zu sich kam, zwang ihn der Mann, ihm die Tresorkombination zu verraten. „Was ich natürlich tat.“

Anschließend fand er sich gefesselt im Keller wieder. Er konnte sich befreien und das Fenster öffnen. „Ich rief laut um Hilfe. Partygänger, die auf Fahrrädern vorbeifuhren, alarmierten die Polizei.“ Er habe im Keller nicht gewusst, wie es mit ihm ausgehe. „Doch ich hatte Vertrauen durch meinen Glauben.“ Zwei Monate blieb er im Knappschaftskrankenhaus, musste operiert werden. Heute sagt er: „Ich habe Glück gehabt. Der Schock war für die Gemeinde größer als für mich.“

So ganz wird sich Thomas Quadt übrigens noch nicht zurückziehen. „Es gibt noch Bereiche, in denen ich priesterlich tätig bleiben werde, so etwa, wenn ich von Angehörigen oder dem Bestatter zu Beerdigungen gebeten werde.“

Pläne für den Ruhestand hat er keine. „Ich gucke mal, was kommt, wie es alle Pensionäre machen.“

Immer im Ruhrgebiet gearbeitet

Gut 14 Jahre war Thomas Quadt in St. Franziskus tätig; zuvor war er 13 Jahre lang Hochschulseelsorger an der Uni Duisburg und ebenfalls 13 Jahre in einer Gelsenkirchener Gemeinde. So hat der gebürtige Essener viel vom Ruhrgebiet gesehen. Nach Essen will er mittelfristig auch zurückkehren; bis dahin will er noch einer einer kleinen Wohnung an der Herner Straße bleiben.

Bis vor zwei Jahren lebte er noch im Pfarrhaus, räumte die Wohnung dann für afrikanische Schwestern, die in hiesigen Krankenhäusern tätig sind. Die mussten aus den Gebäuden an der Tippelsberger Straße ausziehen. Die Kirche hatte sie verkauft, weil die VBW dort neue Wohnungen und einen Rewe-Supermarkt bauen will.

Leave a Comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *