Apotheken schließen: Im Bochumer Norden gibt‘s eine Lösung

Aktualisiert: 01.02.2024, 07:00 | Lesedauer: 4 Minuten Jürgen Stahl

Apotheker Jens Beuth bietet in Kornharpen einen Medikamenten-Lieferservice an. Die Box für die Rezepte steht vor dem Rewe-Markt Hornberg auf dem Grünen Weg.

Foto: Gero Helm / FUNKE Foto Services

Bochum  In Bochum müssen immer mehr Apotheken aufgeben. In Kornharpen gibt es jetzt einen kostenlosen Service. Wer dahintersteckt, wie es funktioniert.

In Bochum gibt es immer weniger Apotheken. „Als ich vor 20 Jahren begann, hatten wir 120 Betriebe. Aktuell sind es noch 76“, sagt Apothekensprecherin Inka Krude. Zum Jahresende 2023 schloss die Elbe-Apotheke in Kornharpen. Dort immerhin wird jetzt ein Lieferservice angeboten.

Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) schlägt Alarm. Die Zahl der Apotheken sei so niedrig wie seit Jahrzehnten nicht. Mit 21 Apotheken pro 100.000 Einwohnern liege Deutschland inzwischen weit unter dem europäischen Durchschnitt (32).

Immer weniger Apotheken: Drei Schließungen in kurzer Zeit in Bochum

Inka Krude bestätigt den Trend. Allein in den vergangenen drei Monaten hätten drei Apotheken in Bochum aufgegeben: neben der Elbe-Apotheke auch die Apotheke Everaldo im Ruhrpark und die Linden-Apotheke an der Dorstener Straße in Hamme.

Vor allem das Aus in Kornharpen versteht Inka Krude als Weckruf. „Vor wenigen Jahren war es noch unvorstellbar, dass in einem so bodenständigen und strukturell gut aufgestellten Ortsteil wie Kornharpen keine einzige Apotheke mehr existiert“, sagt Krude im WAZ-Gespräch.

Pharmazeuten klagen: Erträge sinken, Kosten steigen

Hier und auch an anderen Standorten zeige sich, dass die Pharmazeuten vielfach in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht seien. „Die Erträge sind auch wegen der akuten Lieferengpässe um 50 Prozent gesunken. Derweil steigen die Kosten, die Kontrollen und der Aufwand für die Beschaffung knapper Medikamente massiv an. Dies und vieles mehr bricht Kolleginnen und Kollegen zunehmend das Genick“, warnt Inka Krude.

Jens Beuth stimmt zu. Der Bochumer führt drei Apotheken: zwei in Gelsenkirchen, eine in Essen. „Seit zehn Jahren wurden unsere Honorare nicht erhöht. Zugleich stiegen allein die Tarifgehälter um 58 Prozent“, schildert der 51-Jährige. Die wohnortnahe Arzneimittelversorgung gerate durch den wirtschaftlichen Druck und die verfehlte Gesundheitspolitik der Bundesregierung in Gefahr, bekräftigt der Apothekerverband.

Apotheker arbeitet mit Rewe-Markt in Kornharpen zusammen

Jens Beuth will zumindest in Kornharpen eine Notlösung etablieren. Von 2004 bis 2014 war er Chef der Elbe-Apotheke, bevor er in den Ruhrpark wechselte (den er 2019 wieder verließ). Traurig sei es, dass die Elbe-Apotheke mit Inhaberin Jolanthe Torres Ende Dezember 2023 die Segel streichen musste. Eine bittere Pille sei das vor allem für die älteren Bewohnerinnen und Bewohner, weiß Jens Beuth, der selbst lange in Kornharpen gelebt hat.

„Aus alter Verbundenheit“ hat er Anfang des Jahres mit seinen Apotheken einen Lieferservice eingerichtet. Partner ist der Rewe-Markt Hornberg auf dem Grünen Weg 44. Vor der Eingangstür, gleich neben den Auslagen mit Obst und Gemüse, steht jetzt eine Box. „Wir versorgen Kornharpen“, steht darauf. Standard-Rezepte oder ausgedruckte E-Rezepte können in einen Schlitz geworfen werden. Wer einen QR-Code mit seinem Handy scannt, kann seine Bestellung mit Namen, Anschrift und Telefonnummer auch direkt per WhatsApp aufgeben.

Nach 50 Jahren hat die Elbe-Apotheke in Kornharpen geschlossen. Direkt daneben befinden sich Arztpraxen.  Foto: Gero Helm / FUNKE Foto Services

Versprechen: Medikamente werden am nächsten Tag frei Haus geliefert

„Mir ist wichtig, gerade die Menschen nicht allein zu lassen, die nicht so mobil sind wie jüngere Leute. Sie brauchen uns!“, betont Jens Beuth. Sein Versprechen: Spätestens am nächsten Tag bringt er die Medikamente und weitere, auch rezeptfreie Pillen, Pasten & Co. zu den Bestellern: in der Regel nach Feierabend, auf der Rückfahrt von Gelsenkirchen heim nach Stiepel, „frei Haus, also kostenlos“, versichert Beuth, der den Service dank einer Zulassung als Versandapotheke anbieten kann.

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Die Resonanz sei anfangs noch verhalten, berichtet Beuth. „Sieben bis acht Bestellungen“ seien bisher eingegangen. Wirtschaftlich sei das nicht. „Aber das wird sich ganz sicher noch einspielen.“ In Kornharpen, womöglich in Zukunft auch in weiteren Bochumer Stadtteilen, in denen Apotheken geschlossen werden.

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