Millionenpaket gegen Leerstand: Hilft Finanzspritze Bochum?

Aktualisiert: 17.02.2024, 05:00 | Lesedauer: 5 Minuten Andreas Rorowski

Lina Wittstamm hat am Hellweg in Bochum das „Nea“ eröffnet. Sie bietet dort regionale Gerichte und Selbstgemachtes an. Geholfen hat ihr beim Einstieg das Förderpgrogramm des Landes.

Foto: Vladimir Wegener / FUNKE Foto Services

Bochum  Mehr als 80 Ladenlokale standen in der City von Bochum leer – vor Corona. Vom Land gibt es viel Geld, um diesen Zustand zu verbessern. Hilft es?

Michael Marondel hat dicht gemacht. Im August 2023 hat er sein Optikergeschäft aufgegeben. Nach 23 Jahren. Das Ladenlokal an der Brückstraße in der Innenstadt von Bochum steht seitdem leer. Es ist eines von fast 60 Einzelhandelsflächen, die derzeit in der City nicht vermietet sind. Ganz schön viele.

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Aber noch im Rahmen, findet Jürgen Knoth. Eigentlich sei es sogar besser als das. Mit einer Leerstandsquote zwischen sechs und sieben Prozent stehe Bochum im Vergleich zu vielen anderen Städten in NRW gut da. . „Wir kommen aus 2019 von über 80 Leerständen“, sagt der City-Manager der Bochum Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft (WEG).

Bochum hat Laden-Leerstand von über 80 auf unter 60 gedrückt

Längst gebe es eine große Fluktuation im Einzelhandel: Läden öffnen, Läden schließen. „Nicht nur in Bochum“, so Knoth. Und nicht nur in den Innenstädten. „Wenn man durch den Ruhrpark geht, sieht man das auch, auch wenn das geschickt kaschiert ist.“ Sowohl für Einzelhändler, als auch für Gastronomen sei 2023 ein schwieriges wirtschaftliches Jahr gewesen. „Wir halten seit drei Jahren unsere Zahl von knapp 60 Leerständen. Und dabei reden wir von fast 900 Ladenlokalen im Gleisdreieck inklusive Nebenlagen.“

Insgesamt 135.000 Quadratmeter Verkaufsfläche gibt es in der Bochumer City. Eine Fläche, die so groß ist wie beinahe 19 durchschnittliche Fußballfelder. Und die wollen erst einmal bestückt und gehalten werden.

Miethilfen in Höhe von etwa 1,5 Millionen Euro

Weil Internethandel und Corona-Pandemie der Branche schwer zugesetzt haben, hat NRW 2020 ein 100 Millionen Euro schweres Programm zur Stärkung für Zentren und Innenstädte aufgelegt, allein 40 Millionen davon als „Sofortprogramm Innenstadt“. 1,8 Millionen Euro sind dafür nach Bochum geflossen. Gut drei Jahre später sieht das Ergebnis nach dem Ende der Förderphase so aus: „Wir haben in 27 Läden 30 Vermietungen vorgenommen“, so Jürgen Knoth. Für drei Läden sei jeweils ein zweiter Anlauf nötig gewesen, weil dort das wirtschaftliche Konzept zunächst nicht gegriffen habe. Aus Sicht des City-Managers ist das eine gute Bilanz, zumal 24 Mietverträge über die Förderphase hinaus Bestand haben („Das hätte ich im Traum nicht gedacht …“), d.h. die Händler nun selbst vollständig für die Miete aufkommen. Zwischenzeitlich hatte die WEG aus dem Fördertopf 70 Prozent der Mieten übernommen.

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Etwa 1,5 Millionen der 1,8 Millionen Euro sind als „Miethilfen“ aus öffentlichen Geldern an Immobilienbesitzer geflossen, das restliche Geld ist in die „Umsetzung“, wie es heißt, und in Machbarkeitsstudien für mehrere große Einzelhandelsgebäude geflossen. Aus Sicht der WEG ist es gut angelegtes Geld, weil es geholfen habe, die Innenstadt zu beleben und den Wandel der City zu begleiten. Dazu gehöre nicht nur die Suche nach neuen Nutzungen für Wohnen, Arbeit und Freizeit, sondern auch nach anderen Einzelhandelsformaten. Im Wesentlichen sei es darum gegangen, „neue und interessante Geschäftskonzepte“ umzusetzen. In vielen Fällen sei das gelungen. Selbst der „Scoopjet“-Laden an der Huestraße habe mittlerweile einen „regulären“ Mietvertrag abgeschlossen – auch wenn, so die subjektive Einschätzung dieser Redaktion – sich die Besucherfrequenz in dem Geschäft stark in Grenzen hält.

Nachfolger für frühere CCC-Schuhe-Fläche gefunden

Bochum hält bei der Fortsetzung des Förderprogramms an seinem Konzept fest. „Zukunftsfähige Innenstädte und Ortszentren“ heißt das neue Programm des Landes, das zu gleichen Konditionen fortgesetzt wird wie der Vorgänger und aus dem Bochum nun weitere 535.000 Euro bekommen hat. Zwei Vermietungen seien damit schon ermöglicht worden: u.a. die des Designgeschäfts im früheren TUI-Reisebüro an der Harmoniestraße.

Und auch bei den Sorgenkindern in der Innenstadt gibt es mittlerweile Bewegung; unabhängig von dem Förderprogramm, das auf Läden bis zu einer Größe von 300 Quadratmeter Verkaufsfläche zugeschnitten ist. Die viele Jahre leerstehende Heiland-Immobilie an der Kortumstraße 46-48 wird umgebaut und die seit 2019 leerstehenden 1200 Quadratmeter an der Kortumstraße 95 (früher CCC-Schuhe) sind neu vermietet. Einziehen wird dem Vernehmen nach dort kein klassischer Einzelhändler. Bleibt noch der Leerstand im Bochumer Fenster an der Bongardstraße. Dort ist 2019 der Modepark Röther ausgezogen. Geplant sei dort eigentlich, die Hälfte der 7000 Quadratmeter in Büroflächen umzuwandeln. Im Erdgeschoss könnte nach den Vorstellungen der WEG ein Freizeitbereich für Kinder entstehen. „Wir hatten interessante Gespräche dazu“, sagt Jürgen Knoth. Zu einem Abschluss sei es bislang aber nicht gekommen.

Branche mit vielen Beschäftigten

„Der Einzelhandel ist einer der wichtigsten Arbeitgeber und Nachwuchsförderer in Nordrhein-Westfalen“, heißt es im NRW-Kommunalministerium. Mehr als jedes fünfte Einzelhandelsunternehmen in Deutschland sei hier ansässig, 750.000 Frauen und Männer arbeiten in diesem Bereich.

In Bochum arbeiten nach Angaben der Agentur für Arbeit 15.579 Beschäftigte in der Branche, 3023 davon auf 520-Euro-Basis. Genaue Zahlen darüber, wie viele Frauen und Männer ihr Einkommen im Einzelhandel in der Innenstadt verdienen, liegen nicht vor.

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